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Philharmonia Hungarica


 

Die Rückkehr nach Europa

Alois Springer stand vor der Frage, in New York zu bleiben oder nach Europa zurück zu kehren. So reizvoll die New Yorker Philharmonie auch war — es traten zwei Ereignisse ein, die für Europa sprachen.

Zunächst hatte Alois Springer noch einen Teil des Preises aus dem gewonnenen Wettbewerb „Konzerte junger Künstler“ in Hannover einzulösen, nämlich sein Debüt mit dem Radio-Symphonie-Orchester Berlin. Und dieses wurde von der Presse als sensationell bezeichnet. Die Medien feierten seinen Auftritt mit Robert Schumanns Klavierkonzert und La Valse von Maurice Ravel überschwänglich als die kommende Dirigentenhoffnung.

Zweitens bekam Alois Springer zugleich das verlockende Angebot, mit 33 Jahren Chefdirigent der Philharmonia Hungarica zu werden. Diese ehemaligen Budapester Philharmoniker, die beim Ungarn-Aufstand 1956 emigriert waren und bis zur Wiedervereinigung von der Bundesrepublik Deutschland gefördert wurden, waren in der Tat eines der berühmtesten Symphonieorchester Europas.

Es war für Alois Springer eine nicht alltägliche Chance und Herausforderung.

Nach dem sensationellen Debüt und angesichts der Chance, Chefdirigent der Philharmonia Hungarica zu werden, rief ihn Dr. Wolfgang Stresemann, Intendant der Berliner Philharmoniker, zu sich in die Berliner Philharmonie. „Junger Mann“, sagte dieser zu ihm, „wenn Sie dieses große Orchester mit all seinen Exil-Problemen schaffen, dann kommen Sie zu mir in die Berliner Philharmonie.“ Daraufhin telegrafierte Springer an Leonard Bernstein: „I got the cape!“

 

Chefdirigent der Philharmonia Hungarica

Als Chefdirigent der Philharmonia Hungarica konnte nun Alois Springer all die großen Musiker um sich scharen, deren Wertschätzung und Freundschaft er sich bisher in aller Welt erworben hatte, unter ihnen besonders Pierre Fournier und Yehudi Menuhin. Claudio Arrau, der große Pianist des vergangenen Jahrhunderts, äußerte sich über Alois Springer:
„… er besitzt ein phänomenales Gedächtnis, eine hervorragende biologische Kondition, die Fähigkeit der Kommunikation mit allen Orchestern, die geradezu verblüffend ist, die klare Konzeption und Klangvorstellung von jedem Werk und die Fähigkeit, dies bei jedem Orchester sofort realisieren zu können.“

Mit diesem großartigen Klangkörper der Philharmonia Hungarica konnte Alois Springer jetzt den Klang umsetzen, dem er bis dahin unbeirrt nachgegangen war. Es begann für ihn eine rege nationale und internationale Konzerttätigkeit mit diesem Orchester. Auf den Tourneen durch die ganze Welt konnte Alois Springer den Ruf der Philharmonia Hungarica als außergewöhnlichen Klangkörper Deutschlands und der freien Welt mehren.

 

Weitere große Orchester

Alois Springer mit Antal Dorati

Alois Springer mit Antal Dorati

Mit diesen Erfolgen öffneten sich Alois Springer die großen Konzertsäle mit ihren renommierten Symphonieorchestern in Ost und West, diverse Rundfunkanstalten sowie Plattenfirmen. So dirigierte er die Hamburger Symphoniker, mit denen er diverse Plattenaufnahmen in der Musikhalle Hamburg machte ebenso wie das Südwestfiunk-Symphonie-Orchester, das Pforzheimer Kammerorchester wie auch die Sofia Philharmonie und die großen Orchester des Ostens. Er bereitete er in Zusammenarbeit mit Antal Dorati die historische Gesamtaufnahme sämtlicher 104 Haydn-Symphonien für die Plattenfirma DECCA vor, spielte mit der Philharmonia Hungarica für die amerikanische Firma Vox turn-about verschiedene Werke ein, u. a. das Klavierkonzert G-dur von Maurice Ravel mit Maria Littauer.

Nach dreißig Jahren internationaler Konzerttätigkeit mit den verschiedensten Orchestern der Welt kehrte er am 18. 12. 2000 für ein letztes Konzert zu der sich auflösenden Philharmonia Hungarica zurück. Noch einmal, nach dreißig Jahren, wurde er von seinem Publikum und der Presse gefeiert.

Mit diesem Konzert schloss sich ein Kreis im Wirken von Alois Springer und die Ära der Philharmonia Hungarica ging zu Ende.

Auch für Alois Springer wäre es jetzt eigentlich an der Zeit gewesen, über die Jahre und Erfolge ein wenig Ruhe einkehren zu lassen. Doch er hatte bereits neue, ehrgeizige Aufgaben im Sinn.